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IMK-Beschlüsse zum GlüStV: Novellierung noch vor Evaluierung?

Florian Tautz

Montag, 07.07.2025

Die Innenministerkonferenz (IMK) hat im Rahmen ihrer 223. Sitzung (11. bis 13.06.2025) in dem Beschluss unter TOP 67 festgestellt, dass „mit der Änderung des Glücksspielstaatsvertrags 2021 aufgrund Eilbedürftigkeit […] nicht bis nach Abschluss der Evaluierung und Vorlage des bis zum 31. Dezember 2026 vorzulegenden zusammenfassenden Berichts gewartet werden soll.“ (Freigegebene Beschlüsse, S. 63) Sie hat zudem dem Entwurf des Zweiten Staatsvertrags zur Änderung des Glücksspielstaatsvertrags 2021 weitestgehend zugestimmt und die Länder um die Einleitung weiterer Schritte gebeten.

Dieser Entwurf enthält also als besonders dringend empfundene Anpassungen. Hervorzuheben sind die Änderungen der Vollzugsnorm in § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 GlüStV.

Nach dem Entwurf kann die Behörde

„5. nach vorheriger Bekanntgabe unerlaubter Glücksspielangebote Maßnahmen zur Entfernung oder Sperrung dieser Angebote gegen Anbieter von Vermittlungsdiensten im Sinne des Artikels 3 Buchstabe g der Verordnung (EU) 2022/2065, insbesondere auch in Fällen einer reinen Durchleitung, ergreifen, sofern sich Maßnahmen gegenüber einem Veranstalter oder Vermittler dieses Glücksspiels als nicht durchführbar oder nicht erfolgversprechend erweisen; diese Maßnahmen können auch erfolgen, wenn das unerlaubte Glücksspielangebot untrennbar mit weiteren Inhalten verbunden ist.“

Zum einen passt der Entwurf die Norm an eine neue Rechtslage an. Das Telemediengesetz (TMG) ist außer Kraft getreten, sodass nun auf die unmittelbar anwendbare Verordnung (EU) 2022/2065 (auch als Digital Services Act [=DSA] bezeichnet) zu verweisen ist. Zum anderen verzichtet der Entwurf auf das Merkmal der Verantwortlichkeit, das zu dem weitgehenden Leerlauf der Norm in ihrer aktuellen Fassung führt (vgl. Anstötz/Tautz, ZdiW 2022, 173 ff.; Liesching, ZfWG 2022, 404 ff. und Anstötz/Tautz, ZfWG 2024, 181 f.). Der Entwurf sieht nicht nur Maßnahmen zur Sperrung, sondern auch zur Entfernung der Angebote vor. Die Überlegung, dieses Instrument auch gegen Werbung für illegale Angebote einzusetzen, wird bewusst noch nicht umgesetzt. Der Bericht „Glücksspielstaatsvertrag“ der IMK (S. 3) zeigt hier eine gewisse Vorsicht aus Verhältnismäßigkeitserwägungen, die einer entsprechenden Anpassung der Norm jedenfalls im Moment entgegenstehen.

Darüber hinaus sind einige verfahrensrechtliche Anpassungen für das Erlaubnisverfahren und die Glücksspielaufsicht geplant. Die Abfragekompetenzen der GGL sowohl im Rahmen des Erlaubnisverfahrens für Sportwetten, Online-Poker und virtuelle Automatenspiele als auch bei der Glücksspielaufsicht sollen erweitert werden.

Im Rahmen des Erlaubnisverfahrens für Sportwetten, Online-Poker und virtuelle Automatenspiele ist die GGL bisher zur Abfrage von Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden des Bundes und der Länder befugt. Zukünftig soll sich diese Kompetenz auf in- sowie ausländische Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden erstrecken. Die Erweiterung soll dem Umstand Rechnung tragen, „dass Antragsteller oftmals international tätigen Unternehmensverbünden angehören.“ Zur Begrenzung der Eingriffsintensität sollen solche Abfragen nur „zum Zwecke der Prüfung der Zuverlässigkeit und nicht zu anderen Zwecken erfolgen“ und zudem nur als „letzter Schritt vor einer Erlaubniserteilung“. Die in § 9 Abs. 3a GlüStV normierte Zusammenarbeit zum Zwecke der Glücksspielaufsicht soll sich zukünftig ebenfalls auf in- und ausländische Strafverfolgungs- und Sicherheitsbehörden sowie weitere in dem Entwurf bezeichnete Behörden erstrecken.

Für die verpflichtende Abfrage der Sperrdatei nach § 8 GlüStV 2021 wird klargestellt, dass sie „ausschließlich über die Zugangskennung, die der jeweiligen Betriebsstätte im terrestrischen Bereich oder der jeweiligen Internetdomain […] zugeordnet ist, erfolgen. [darf]. Die Weitergabe und die Zulassung einer Nutzung der Zugangskennung durch Dritte sind verboten.“ Dies entspreche zwar bereits der bisherigen Rechtslage, sei aber in der Praxis nicht ausreichend beachtet worden.

Die IMK hat zudem (TOP 68) den weiteren „Bericht zum zweiten Staatsvertrag zur Änderung des Glücksspielstaatsvertrags 2021 – ergänzende Regelungen zum Schutz der Integrität des sportlichen Wettbewerbs im Zusammenhang mit der Veranstaltung von Sportwetten“ und den Entwurf dieser Regelungen zur Kenntnis genommen. Wie sich aus dem Bericht ergibt, konnten sich die Länder in Bezug auf Sportwetten auf Amateursportereignisse auf keine Änderung einigen. Im Fokus des Entwurfs stehen Datenhandelsunternehmen, deren sog. Datenscouts Daten über Amateurspiele weitergeben und damit die Grundlage für ein solches Wettangebot schaffen. Daher wird ein „Verbot der gezielten Mitwirkung an jeglichem internationalen Angebot von in Deutschland nicht erlaubnisfähigen Sportwetten auf Amateur-/Jugendligen durch das Erfassen bzw. das Erfassenlassen und die Bereitstellung von Daten zu inländischen Sportereignissen“ vorgeschlagen. Die Verfasser des Berichts halten die im Länderkreis vorgetragenen rechtlichen Bedenken hinsichtlich der Regelungskompetenz, der Unzulässigkeit der Inanspruchnahme von Dritten und der Verletzung der Dienstleistungsfreiheit für nicht überzeugend.