Zum Anfang
Corona und Glücksspiel:
Drei Fragen an Dr. Marisa Doppler

 

Wie arbeiten Sie selbst gegenwärtig unter den Bedingungen von Corona?

 

Wir haben eine rotierende Notbesetzung vor Ort und arbeiten ansonsten von zu Hause aus. Ich freue mich, dass das miteinander sehr gut funktioniert. Als ich vor einem Jahr im VDAI anfing, hatten die Mitarbeiterinnen noch keine eigenen email-Adressen. Insofern haben wir gerade eine echte digitale Transformation erfolgreich durchgeführt und rechtzeitig vor Corona umgestellt, sonst wären wir jetzt nicht arbeitsfähig gewesen. Die Abstimmung mit den Mitgliedern erfolgt zumeist telefonisch oder per email, Videokonferenzen halten wir nicht für erforderlich. Nach 9 Jahren bei der IBM mit ihren weltweiten Lokationen in 170 Ländern bin ich diese Arbeitsweise gewöhnt.

 

Welchen Einfluss haben die Beschränkungen durch die Corona-Maßnahmen auf Ihre Arbeit/die Arbeit Ihres Unternehmens/Ihrer Mitgliedsunternehmen/Ihrer Einrichtung/Ihres Verbandes bzw. was beobachten Sie, wie die Maßnahmen das Verhalten Dritter in diesem Bereich beeinflussen?

 

Krisenzeiten sind Verbändezeiten! Während die Unternehmen aufgrund der Corona-Verordnungen schließen mussten, haben wir unsere Mitglieder und ihre Kunden im Verbändekonzert tagtäglich mit aktuellen Informationen zu neuen Regulierungen in ganz Deutschland, aber auch zu staatlichen Hilfsmaßnahmen umfassend informiert. Der dynamische Verlauf erinnert mich stark an die Finanzkrise 2008, geht jedoch weit darüber hinaus, da dieses Mal auch Leib und Leben der Menschen selbst gefährdet sind und nicht nur die monetäre Seite, von den enormen Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft ganz zu schweigen. Die Schnelllebigkeit der Informationen und die Beschlussfassungen von Regierungen und Parlamenten waren und sind ähnlich atemberaubend. Allerdings sind nicht alle politischen Bereiche direkt mit der Corona-Pandemie befasst, so dass dort normal weiter gearbeitet wird, wenn auch eher im stillen Kämmerlein, ohne Anhörungen und die sonst üblichen Verfahren. Unsere Unternehmen richten derzeit ihr Augenmerk verstärkt auf die Wiedereröffnungen. Bereits heute erfüllt unsere Branche aufgrund strenger gesetzlicher Vorgaben die Grundbedingungen für einen effektiven Hygiene- und Abstandsschutz.

 

Welche langfristigen Folgen wird die Corona-Pandemie Ihrer Einschätzung nach im Glücksspielsektor entfalten?

 

Über alle Branchen hinweg wird die Corona-Pandemie der Digitalisierung weiter Vorschub leisten. Die Krise hat uns deutlich vor Augen geführt, wie sehr die Digitalisierung in Deutschland tatsächlich noch hinterher hinkt, ob im Home Office, in Schulen oder aufgrund einer fehlenden App. Bisher hat sich das terrestrische Glücksspiel aus meiner Sicht in weiten Teilen den neuen Herausforderungen durch das Online-Glücksspiel geradezu verweigert. Im Shutdown mussten wir komplett schließen, während das illegale Online-Glücksspiel aus dem Ausland weiter durchgängig seine Dienste im Internet anbieten konnte, da es unabhängig von lokalen Örtlichkeiten und Staatsgrenzen agiert. Auch vor dem Hintergrund der Neuregelung des Glücksspielstaatsvertrages (GlüStV 2021) ist hier ein schnelles Umdenken auf allen Seiten meiner Ansicht nach dringend erforderlich.

 

 

 

Marisa Doppler ist seit dem 1. April 2019 Vorsitzende der Geschäftsführung des Verbands der Deutschen Automatenindustrie e.V. (VDAI). Seit 2014 was sie als Managing Director bei der Aareal Bank AG für Governmental Affairs zuständig. Davor war Marisa Doppler fast zwei Jahre als Head of Government and Regulatory Affairs Germany für die Deutsche Bank AG in Berlin tätig, nachdem sie zuvor neun Jahre für die IBM Deutschland GmbH gearbeitet und zuletzt das Berliner Büro geleitet hatte. Die promovierte Volljuristin begann ihre berufliche Laufbahn im Jahr 2000 in der Repräsentanz Berlin der Deutsche Börse AG.